Pressemitteilung
Hintergrund
Building Information Modeling (BIM) bringt Planung, Ausführung und Betrieb näher zusammen und kann die Informationsverluste an den Übergabeschnittstellen massiv zu reduzieren. Das Ergebnis sind eine Steigerung der Arbeitseffizienz, mehr Planungssicherheit und größere Transparenz im Projektverlauf.
Damit BIM funktionieren kann, braucht es Grundlagen: Um die Informationen von Gebäuden auch zwischen Projektpartnern austauschen zu können, ist eine gemeinsame Sprache für diese Modelle notwendig. Eigenschaften (Properties) von Baustoffen, Bauteilen, Fenstern oder TGA Komponenten müssen ebenso definiert werden wie die Vereinbarungen, wer zu welchem Zeitpunkt welche Informationen zu liefern hat. Erst dann lassen sich Synergien heben und das BIM Modell für unterschiedliche Anwendungsfälle im Lebenszyklus eines Gebäudes einsetzen, wie zum Beispiel Mengenauszüge, Baukostenkalkulation, Baustellen-Terminplanung und/oder Ökologiebewertung.
Die Herausforderung ist also die Erarbeitung eines standardisierten BIM-Vokabulars, um damit einheitliche Schnittstellen und Definitionen für die Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen und Softwaretools zu schaffen. Mit standardisierten BIM-Properties werden Merkmale für alle Objekte definiert, die im BIM- Projekt benutzt werden, also z.B. Höhe, Breite, Dicke und die Feuerwiderstandsklasse einer Tür. Diese zu sammeln und abzustimmen ist eine komplexe Aufgabe: zeichnet es doch ein vollständiges Bild der notwendigen Attribute für mehrere tausend Produkte und Produktkategorien in der gesamten Baubranche. Für die besagte Tür allein werden beispielsweise mehr als 70 Properties als planungsrelevant angesehen.
Österreich ist in der glücklichen Lage, über eine bestehende BIM Norm zu verfügen: die ÖNORM A 6241-2 „Digitale Bauwerksdokumentation“ liefert eine breite Basis von normativen Definitionen, die den Grundstein für eine gemeinsame BIM-Sprache legen. Dahinter liegt der internationale Standard IFC (Industry Foundation Classes, ISO 16739), der den offenen Austausch von BIM-Daten ermöglicht.
Dieses Normenwerk gilt es nun so zu erweitern, dass schrittweise der gesamte Planungs- und Bauprozess und die in Österreich notwendigen baulichen Spezifika in einer einheitlichen Sprache abgebildet werden können. Ziel ist es, dass alle Projektbeteiligten die Grundlage für einen verlustfreien Datenfluss erhalten, um möglichst reibungsarm miteinander kommunizieren zu können.
Erfolgsfaktoren
Zur operativen Umsetzung haben sich zwei Projektteams gebildet, die mit einer großen Gruppe an Stakeholdern sich folgende Ziele vorgenommen haben:
- Auf Basis der österreichischen Norm A 6241-2 soll BIM für die Bauwirtschaft operativ nutzbar gemacht werden. Vor allem Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) soll damit ein Zugang zu einheitlichen und standardisierten Kommunikationsformaten ermöglicht werden.
- Auf Basis standardisierter Eigenschaften (BIM Properties) können Prozesse verbessert und Synergien nutzbar gemacht machen. Es soll verhindert werden, dass ein Gebäudemodell für verschiedene Anwendungsfälle wie Kostenkalkulation, Ablaufplanung, oder verschiedene Simulationen immer wieder neu erstellt werden muss. Vielmehr sollen Daten, die ins Modell eingetragen wurden, den Partnern in der digitalen Wertschöpfungskette zur Verfügung stehen.
- Transparenz und Kooperation: ein offener Zugang zu digitalem Planen, Bauen und Betreiben soll auch ein Umdenken in der Branche unterstützen: Kooperation und gemeinsames Arbeiten sollen durch die neue Technologie erleichtert werden und Vorteile im Arbeitsalltag bringen, was sich wiederum in Kostenersparnis und Qualitätssteigerung niederschlägt.

Grafik ©DigitalFindetStadtÂ
Die Abbildung zeigt, wie die definierten Properties in unterschiedlichen Phasen von verschiedenen Gewerken und Rollen im Modell befüllt werden. Durch die Definition der gemeinsamen Sprache ist es ab jetzt möglich, klar zu definieren, an welcher Stelle eine Information im Modell zu finden ist, damit Software-Programme darauf zugreifen können.
Kosten- und Ressourcen-Ersparnisse sind der Schlüssel für die Akzeptanz der Arbeiten:
Eine gemeinsame Sprache für die Bauwirtschaft kann nur schrittweise erstellt werden. Konkrete und im Idealfall aufeinander aufbauende Anwendungsfälle bilden den roten Faden. Den Beginn der Arbeiten stellen zwei Anwendungsfälle dar, die essentieller Bestandteil jedes Projektes sind: Kostenkalkulation und der Übergang von generischen Planungsangaben in konkrete Bauprodukte.
Kostenkalkulation
Die Kostenkalkulation ist in Österreich über die Leistungsbeschreibung Hochbau (LB-HB) schon in hohem Maß strukturiert. Leistungsgruppen brechen das Leistungsspektrum in leicht greifbare Teile herunter, Positionen in den Leistungsgruppen geben detailliert darüber Auskunft, welche Massen, Volumina und Arbeitskosten anfallen. All das ist mit strukturierten Bezeichnungen versehen, sodass für eine maschinelle Verarbeitung schon viel Vorarbeit geleistet wurde.
Das Ziel ist es daher, möglichst viele der, für eine Ausschreibung/Kalkulation erforderlichen Informationen von Bauprojekten, wie z. B. Betongüte für Wände oder die Anzahl der Auftritte bei Treppen, direkt aus einem BIM Modell herausziehen zu können. Dieser Prozess kann anschließend mit Hilfe geeigneter Softwaretools (teil-)automatisiert werden.
BIM Parameter für Baustoffe
Eine ähnliche Aufgabe stellt sich bei der Definition von BIM-Properties für Baustoffe: hier werden alle planungsrelevanten Informationen für Bauteile im Hochbau in BIM abgebildet. Daher werden die BIM- Definitionen nach Produktgruppen festgelegt. Auch hier sind es vor allem alphanumerische Informationen, die zu definieren sind, wie etwa die Einbruchhemmungsklasse von Fenstern, die Art der Dacheindeckung von Dächern oder der Wärmedurchgangskoeffizient bei Fenstern. Ziel ist es, dass generische Planungsparameter für Ausschreibungen anschließend durch konkrete Produktparameter von Herstellern nach der Auftragsvergabe ersetzt und mit zusätzlichen Leistungsparametern der betreffenden Baustoffe angereichert werden können.Â
Kooperation
Ein solch umfangreiches Werk kann nur in Kooperation mit starken Partnern gelingen. Daher haben sich aktuell die folgenden Branchenvertretungen in mehreren von der Forschungsförderung FFG geförderten Projekten zusammengeschlossen:
- Bundesinnung Bau der WKO
- Bundeskammer der Ziviltechniker:innen | Arch+Ing
- Smart Construction Austria
- Zukunftsagentur Bau (ZAB)
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Finanziell unterstützt wird das Konsortium weiterhin vom
- Verband Österreichischer Ziegelwerke
- Forschungsverband der österreichischen Baustoffindustrie und dem
- Zentralverband österreichischer Bauproduktehersteller
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Für die operative Ausführungsverantwortung haben sich zusammengeschlossen:
- AIT Austrian Institute of Technology
- Digital Findet Stadt und
- inndata Datentechnik
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Fachspezifische Expertise zu den einzelnen Fachbereichen, Gewerken und Bauprodukten steuert eine große Gruppe an Unternehmen aus Forschung, Beratung, Planung, Bau und Industrie bei.

Grafik ©DigitalFindetStadtÂ
Der Weg der Ergebnisse
Mit einer umfassenden Stakeholder-Beteiligung wird im Qualitätssicherungsprozess dafür gesorgt, möglichst keine Benachteiligung Einzelner stattfinden zu lassen.Â
Letztendlich mündet die qualitätsgesicherte Arbeit der Property Definitionen in einer Tischvorlage für die österreichische Standardisierung – Austrian Standards International (A.S.I.) – zur Weiterentwicklung der ÖNORM A 6241-2, konkret beim zuständigen Komitee AG 011.09. Hier werden die Ergebnisse noch einmal begutachtet und abschließend normativ freigegeben.Â
Aktuelle Ergebnisse und Ausblick
Von Juni 2021 bis September 2022 wurden in den genannten Projekten über 30 inhaltliche Workshops mit Expert:innen abgehalten und mehrfache Qualitätssicherungen durchgeführt.
 Die Ergebnisse der Leistungsbeschreibung Hochbau (LB-HB), Leistungsgruppe LG 07 (Stahlbeton) wurden bereits vom Normungsgremium freigegeben und werden gerade auf den Datenhost „Merkmalserver“ der Universität Innsbruck integriert, sodass sie der Branche kostenfrei zur Verfügung stehen.Â
Die Leistungsgruppen LG 39 (Trockenbau) und LG 43 (Fassaden) befinden sich aktuell in Begutachtung. Alle BIM-relevanten Merkmale der weiteren Leistungsgruppen der LB-HB werden bis Jahresende fertiggestellt und der A.S.I. übergeben. Anfang kommenden Jahres ist also damit zu rechnen, dass der Branche eine umfängliche BIM-Übersetzung der Leistungsbeschreibung Hochbau vorliegt.Â
Die Ergebnisse des Projektes zu BIM Parametern Baustoffe mit 15 Baustoffgruppen werden bis Sommer 2023 vorliegen. Und ebenfalls über den oben beschriebenen Weg zur Vorlage in Richtung Norm gelangen. Das wäre ein großer Schritt und ein gute Grundlage in Richtung digitaler Zukunft am Bau.Â
In Zukunft ist geplant, auch die Technische Gebäudeausrüstung (TGA), zu der bereits gute Vorarbeiten aus Forschungsprojekten vorliegen, auch in die Standardisierungsarbeiten aufzunehmen.Â
Ãœber das FBI
Der Forschungsverband der österreichischen Baustoffindustrie ist eine Interessensgemeinschaft von führenden Baustoffherstellern in Österreich. Der Verband fördert den interdisziplinären Wissensaustausch zur pro-aktiven Gestaltung der Zukunft Wohnen, Arbeiten und Bauen. Großes Augenmerk legt der Verband auf das Angebot von Aus- und Weiterbildungen, wie beispielsweise mit dem FBI-Ausbildungs-Service, das sich an berufsbildende Schulen und Bauakademien richtet.